Das Opfer (Qurbān)
14. Mai 2025
Verehrte Muslime!
In unserer heutigen Hutbe geht es um das Opfer im Islam, das als Udhiyya oder Qurbān bezeichnet wird. Qurbān bedeutet wörtlich die Nähe Alllah Ta’ālās zu suchen. In der Fiqh-Terminologie bezeichnet es ein bestimmtes Tier, das mit der Absicht der geistigen Annäherung an Allah Taʿālā geschlachtet wird.
Jeder Muslim, ob Mann oder Frau, der frei, sesshaft und wohlhabend ist, ist verpflichtet, am Opferfest ein Tier zu schlachten. Als wohlhabend gilt, wer über ein Vermögen verfügt, das den Nisāb, also die Erhebungsgrenze, erreicht hat.
Wer es sich finanziell leisten kann, am Opferfest ein Tier zu schlachten, aber dies nicht tut und anschließend verarmt, bleibt das Opfer schuldig.
Nach einer Überlieferung des Imam Hasan von Imam Abū Hanīfa ist ein freier, sesshafter, und wohlhabender Muslim verpflichtet, am Opferfest für sich selbst und im Namen seiner minderjährigen Kinder Opfer darzubringen. (Vgl. al-Dschawhara an-nayyira, Kitab al-Udhiyya)
In den islamischen Quellen wird ein Tier, das in gottesdienstlicher Absicht geschlachtet wird, als Udhiyya (Opfertier) bezeichnet. Ein Tier, das zum Fleischverzehr geschlachtet wird, wird hingegen als Zabīha (Schlachttier) bezeichnet.
Neben dem Qurbān zum Opferfest gibt es weitere Opfer: das Adaq-Opfer bei einem Gelübde, das Kaffāra-Opfer zur Sühne, das Aqīqa-Opfer für ein Neugeborenes und das Nāfila-Opfer, um Unheil abzuwenden oder eine Belohnung zu erhalten.
Das Opfern ist eine materielle Ibāda und wird in der Sure al-Hadsch wie folgt erwähnt: „Und die Opferkamele haben Wir euch zu Kultzeichen Allahs gemacht. Für euch gibt es in ihnen Gutes. So sprecht den Namen Allahs über sie aus, wenn sie gereiht dastehen. Und wenn sie auf ihre Seite umfallen, dann esst von ihnen und speist den (nicht fragenden) Genügsamen und den (bittenden) Armen. So haben Wir sie euch dienstbar gemacht, auf dass ihr dankbar seid.
Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht Allah, aber es ist eure Ehrfurcht (taqwā), die Ihn erreicht. So hat Er sie euch dienstbar gemacht, damit ihr Allah für das, dass er euch rechtgeleitet hat, hochpreist. Und verkünde frohe Botschaft denen, die Gutes tun.” (al-Hadsch: 22:36-37)
Die Qurbān-Pflicht ist ein Zeichen der Opferbereitschaft auf dem Weg der Wahrheit und ein Ausdruck des Dankes für die Gaben Allahs. Wer sie erfüllt, wird belohnt und vor manchem Unheil und Unglück bewahrt.
Leider gibt es Menschen, die diesem Ritual intolerant gegenüberstehen, obwohl das Fleisch an Arme und Bedürftige verteilt wird, es nur einmal im Jahr stattfindet und nur einen winzigen Teil aller weltweit geschlachteten Tiere ausmacht. Dies rührt daher, dass sie sich nicht aus dem Sumpf der Unkenntnis befreien wollen. Während andere Tiere zu kommerziellen und persönlichen Zwecken geschlachtet werden, wird der Qurbān sowohl zu gottesdienstlichen als auch zu wohltätigen Zwecken geschlachtet.
Der Wert dieses Rituals wird um ein Vielfaches gesteigert, wenn das Fleisch an Arme, Waisen und bedürftige Studierende der islamischen Lehre gespendet wird, um so zum Gemeinwohl beizutragen. Auf diese Weise werden wir auch dem eigentlichen Sinn des folgenden Ayats gerecht: „Und helft einander in Rechtschaffenheit und in Ehrfurcht (taqwā).” (al-Maida, 5:2)
Unser geliebter Prophet (s.a.w.) sagte in einem Hadith Scharīf: „Der Sohn Adams vollbringt am Opferfest keine Tat, die Allah lieber ist, als das Opfern. Das Opfertier wird zweifellos am Tag der Auferstehung mit seinen Hörnern, Haaren, Hufen und Klauen gebracht werden. Wahrlich, bevor das Blut des Opfertieres auf die Erde fällt, fällt es an einen Ort bei Allah (und wird so angenommen). So wählt eure Opfertiere aus den Besten aus.” (at-Tirmīdhī, Adāhī, 3)
In einem anderen Hadith Scharīf heißt es: „Wer es sich leisten kann und nicht opfert, der soll sich unserer Gebetsstätte nicht nähern!” (Ahmad b. Hanbal, 8273; Ibn Madscha, Adāhī, 2 (3123)
Angesichts dieser warnenden Aussage unseres Propheten gegenüber den Nicht-Opfernden entschied Imam al-Aʿzam Abū Hanīfa, dass der Qurbān wādschib, also verpflichtend, ist.